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Krankheitne: Zystitis, Blasenentzündung |
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Klassifikation nach ICD-10 | |
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N30 | Zystitis |
ICD-10 online (WHO-Version 2006) |
Als Zystitis (latein. Cystitis) wird eine Entzündung der unteren Harnwege bezeichnet. Die Entzündung erstreckt sich meistens auf Harnröhre (dann Urethritis genannt) und Harnblase (Zystitis im engeren Sinne). Betroffen sind vor allem Kinder und geschlechtsreife Frauen. Im fortgeschrittenen Lebensalter sind auch Männer betroffen, oftmals im Zusammenhang mit einer Prostatahypertrophie. In den meisten Fällen handelt es sich um eine aszendierende, also aufsteigende Infektion, deren häufigste Ursache gramnegative Stäbchen (Escherichia coli in 80 % der Fälle), aber auch grampositive Kokken, Mykoplasmen, Ureaplasmen, Hefen, Chlamydien, Viren und chemische oder mechanische Reize sind. Begünstigt wird sie durch Abflussstörungen des Urins aus der Harnblase, mangelnde Hygiene, Alter, weibliches Geschlecht und Manipulationen. Die Therapie ist in aller Regel antibiotisch, wobei bei der unkomplizierten Zystitis der Frau 13 Tage ausreichend sind. Eine gefürchtete Komplikation ist die Nierenbeckenentzündung, die mit hohem Fieber bis hin zur Blutvergiftung und Abszessbildung einhergehen kann.
Des Weiteren gibt es die selteneren, abakteriellen Formen der chemisch oder physikalisch induzierten Zystitis. Ein Beispiel für die letztere Form ist die sogenannte Strahlenzystitis nach einer Strahlentherapie im Bereich des kleinen Beckens.
Von der Zystitis abzugrenzen ist die symptomlose Bakteriurie.
Die häufigste Ursache für akute Harnwegs- und Blasenentzündung sind aufsteigende Bakterien des Magen-Darm-Traktes. Der häufigste Erreger ist Escherichia coli.
Häufig besteht ein Zusammenhang zwischen dem weiblichen Hormonhaushalt und Harnwegsinfekten. Mädchen in der Pubertät und Frauen in den Wechseljahren, beginnend schon in der Prämenopause (also noch vor Ausbleiben der Regel), sind häufig betroffen. Ursache ist eine Östrogen-Dominanz als Folge des noch nicht oder nicht mehr gebildeten Progesterons. Die Folge ist eine Rückbildung der Schleimhäute, sowohl in der Scheide als auch in den Harnwegen, so dass die natürliche Bakterienflora aus dem Gleichgewicht kommt und die Schleimhäute leichter angreifbar werden, nicht nur gegen Bakterien, sondern auch gegen Pilze. In der Regel ist das Risiko einer Harnwegsentzündung bei Frauen im gebärfähigen Alter geringer, jedoch können auch ausbleibende Eisprünge, z. B. infolge von Stress, und die Einnahme östrogenhaltiger Antibabypillen eine Östrogendominanz mit den entsprechenden Folgen hervorrufen.
Weitere Ursachen sind Harntransportstörungen aufgrund von Anomalien oder Erkrankungen der ableitenden Harnwege, verminderter Harnfluss, das Zurückhalten der Blasenentleerung, sowie verminderte lokale Infektabwehr.
Zu den Anomalien zählen z. B. eine Verengung der Harnröhre, vesikoureteraler Reflux und Schwangerschaft. Verminderung der Infektabwehr kann akute Ursachen wie z. B. Verminderung der Durchblutung der Harnblasenschleimhaut auf Grund von Unterkühlung sowie Virusinfekte oder chronische Ursachen wie z. B. Diabetes mellitus oder Immunsuppression haben.
Typische Symptome einer Blasenentzündung sind:
Weitere Symptome sind:
Neben der Erhebung der Anamnese und der körperlichen Untersuchung steht die Urindiagnostik an erster Stelle. Hierzu wird Mittelstrahlurin genommen, d. h. die erste Urinportion wird verworfen genau so wie die letzte. Ausserdem sollte man beachten, dass man nur 10 ml Urin abnimmt, denn mehr brauchen die MTLAs zur Diagnostik nicht. Wichtig ist, dass das Genital vorher gründlich gesäubert wird, damit eine Verunreinigung des Urins mit der normalen Schleimhautflora vermieden wird. Des Weiteren muss bei der Frau darauf geachtet werden, dass die richtige Technik angewandt wird, was bedeutet, dass die Labien gespreizt werden, damit der Urin so wenig Kontakt mit der Umgebung bekommt wie möglich. Es ist auch möglich, den Urin mittels Einmalkatheterisierung oder durch eine suprapubische Blasenpunktion zu gewinnen. Diese invasiven Möglichkeiten werden in der Regel im Krankenhaus angewendet. Ein erster Test erfolgt mit sogenannten Urinteststreifen. Dieser dient dem Nachweis von roten Blutkörperchen, weissen Blutkörperchen und Nitrit als Abbauprodukt von Bakterien. In einem weiteren Schritt wird der Urin mikroskopisch untersucht. Hierbei können die oben genannten Blutbestandteile, sowie Bakterien und Kristalle eindeutig identifiziert werden. In einem letzten Schritt erfolgt das Anlegen einer Urinkultur zur genauen Differenzierung des Erregers. Diese dient weiterhin der Erstellung eines Antibiogramms, um damit eine gezielte Antibiotikatherapie zu ermöglichen.
Zur weiteren Diagnostik gehört die Ultraschalluntersuchung der Nieren und der Harnblase. Bei rezidivierenden Zystitiden ist eine Ausscheidungsurographie zur Beurteilung der Abflusswege und eine Zystoskopie zur genauen Beurteilung der Harnröhre und Harnblase sinnvoll.
Die Behandlung der unkomplizierten Blasenentzündung erfolgt mit Antibiotika (z. B. Ciprofloxacin, Trimethoprim, Cotrimoxazol). Diese kann zunächst als kalkulierte Antibiotikatherapie erfolgen, d. h. es wird ohne einen Erregernachweis ein Breitbandantibiotikum verabreicht. Bei längerer Therapie sollte eine gezielte Antibiotikatherapie entsprechend der Sensibilität des Erregers erfolgen. Gegen die Blasentenesmen werden Spasmolytika wie z.B. Butylscopolaminiumbromid (bekannt als Buscopan) verordnet. Des Weiteren ist eine reichliche Flüssigkeitszufuhr, regelmässige Blasenentleerung und lokale Wärme empfohlen.
Unterstützend können auch pflanzliche Mittel verwendet werden. In Frage kommen beispielsweise spezielle Blasen- und Nierentees. Oft werden auch Bärentraubenblätterpräparate empfohlen (Tee, Extrakt, Kapseln). Diese sollten jedoch nicht öfter als ein paar Mal im Jahr angewendet werden, da der Wirkstoff (Arbutin bzw. Hydrochinon) potentiell krebserregend und leberschädigend ist. Auch muss hier beachtet werden, dass eine Wirksamkeit nur bei basischem Urin gegeben ist.
Studien haben belegt, dass die Anti-Adhäsions-Eigenschaften von Cranberries (Kranbeere) das Anhaften gefährlicher Bakterien an den Harnwegen verhindern und so zur Behandlung und Vorbeugung von Harnwegsinfekten (HWI) beitragen kann. Die Einnahme von Cranberrysaft reduzierte signifikant die Anzahl von Bakterien im Urin. Eine grosse finnische Studie an 150 Frauen im Durchschnittsalter von 30 Jahren ergab eine signifikante Verringerung der Rezidivrate von Harnwegsinfekten unter Einnahme von Saft aus Preiselbeeren und Kranbeeren[1]. Auch die Verordnung von Antibiotika konnte signifikant reduziert werden. Ein signifikanter ernährungsmedizinischer Effekt wurde im Hinblick auf die akute Zystitis bei jungen Hoch-Risiko-Frauen und eine starke Evidenz im Hinblick auf rezidivierende unkomplizierte Harnwegsinfektionen beobachtet, vor allem bei sexuell aktiven Frauen[2]. Um eine optimale Wirkung zu erhalten, sollten Kranbeerensaft oder Trockenextrakt in Form von Kapseln bei Blasenreizungen und akuten sowie unkomplizierten, rezidivierenden Harnwegsinfekten rechtzeitig und regelmässig eingenommen werden.
Eine Behandlung mit Cranberry lässt sich durch die Kombination mit Kürbiskernen sinnvoll ergänzen. Die Nährstoffe der Kürbissamen kräftigen Bindegewebe und Muskulatur, haben einen stärkenden Einfluss auf die Blasenfunktion und wirken Restharn entgegen. Kürbissamen sind ein bewährtes Mittel bei Blasenschwäche und Reizblase[3][4].
Als wohltuend wird von vielen auch Wärme empfunden, und eventuell sollte sogar Bettruhe eingehalten werden. Die Wärme und ggf. Bettruhe ist insbesondere gegen die durch starken Harndrang und Unterleibskrämpfe hervorgerufene innere Unruhe hilfreich. Auch ein Sitzbad mit bestimmten Pflanzenextrakten kann lindernd wirken. Diese Massnahmen sollten jedoch eine Antibiotikatherapie nicht ersetzen, es sei denn in Absprache mit dem behandelnden Arzt. In hartnäckigen (öfter als dreimal jährlich) oder komplizierteren Fällen sollte eine urologische Abklärung erfolgen.
Bei Frauen kann eine hormonelle Dysbalance die Ursache für wiederkehrende Harnwegsinfekte sein. Hier kann man mit entsprechender Hormonzufuhr gegensteuern.
Bei chronischen oder wiederkehrenden Harnwegsinfekten kann eine Immunisierung in Form einer Art Impfung mit Escherichia coli-Bakterien erfolgreich sein.
In der homöopathischen Therapie kommen häufig Berberis/Apis, Sarsaparilla, Cantharis, Staphisagria und Colibacillinum zur Anwendung. Lachesis vor allem wenn die Beschwerden mit dem Klimakterium einhergehen. Siehe auch Liste homöopathischer Grundsubstanzen.
Die natürliche Aminosäure L-Methionin wird eingesetzt, um den Urin pH-Wert zu senken (anzusäuern).
Die Nierenbeckenentzündung ist eine gravierende Komplikation der Zystitis. Sie entsteht durch das Aufsteigen der Erreger über den Harnleiter in das Nierenbecken und die Nieren. In ihrer maximalen Ausprägung führt diese dann zur generalisierten schweren Infektion, der sogenannten Urosepsis, die unbehandelt in über 50 % der Fälle zum Tode führt. Beim Mann kann durch Aufsteigen der Erreger in die Samenleiter eine Entzündung der Nebenhoden entstehen.
Risikofaktoren für eine Zystitis sind:
Besonders Frauen können durch geeignete Lebensführung Blasenentzündungen verhindern:
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