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Krankheiten: Hernie Bruch, Leistenhernie |
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Klassifikation nach ICD-10 | |
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K40 | Hernia inguinalis (Leistenhernie) |
K41 | Hernia femoralis (Schenkelhernie) |
K42 | Hernia umbilicalis (Nabelhernie) |
K43 | Hernia ventralis (epigastrisch, Narbe) |
K44 | Hernia diaphragmatica (Zwerchfellhernie) |
K45 | Sonstige abdominale Hernien |
K46 | Nicht näher bezeichnete abdominale Hernie |
ICD-10 online (WHO-Version 2006) |
Eine Hernie (lat. fem. hernia von griechisch hernios Knospe) ist der Austritt von Eingeweiden aus der Bauchhöhle durch eine angeborene oder erworbene Öffnung. Ihr deutscher Name Eingeweidebruch verwendet die Nebenbedeutung von Bruch als Riss.
Drei Merkmale weist jeder Eingeweidebruch auf:
Auch Organe (Magen, Dickdarm, Blase), die nur teilweise innerhalb der mit Bauchfell ausgekleideten Bauchhöhle gelegen sind, so genannte retro- oder extraperitoneale Organe, können durch eine Bruchpforte gleiten und nehmen dann eine ihnen aussen anliegende Bauchfelltasche als Bruchsack mit. Diese Hernien werden Gleitbrüche genannt.
Mangelernährung, Kachexie bei Tumorerkrankung und Aszites bewirken ebenfalls eine Bauchdrucksteigerung und Bauchwandschwächung und begünstigen so die Entstehung von Bauchwandbrüchen, die dann als symptomatische Hernien bezeichnet werden.
Frische Hernien sind meist reponibel (von lat. reponere = wiederherstellen), d. h. durch sanften Druck von aussen kann der Inhalt wieder in die Bauchhöhle zurückgeführt werden. Dieses Manöver wird Taxis genannt und kann bei unkritischer Anwendung und fehlender nachfolgender Überwachung Komplikationen verschleiern.
Es werden nach dem Ort ihres Auftretens innere und äussere Hernien unterschieden. Ist die Hernie von aussen zu erkennen, oder führt die Bruchpforte vom Körperinneren in Richtung Haut, spricht man von einer äusseren Hernie. Liegt die Hernie innerhalb des Rumpfes (z. B. vom Bauch in den Brustkorb gerichtet), dann ist sie ohne Hilfsmittel nicht zu entdecken. Man spricht dann von einer inneren Hernie.
Bei der Zwerchfellhernie (lat. Hernia diaphragmatica) gelangen Teile des Magens oder Dünndarms in die Brusthöhle.
Die angeborene Form (engl. Congenital diaphragmatic hernia, Abk. CDH) wird zumeist durch unvollständige Zwerchfellausbildung verursacht.
Im Erwachsenenalter hingegen begünstigt eine anatomische Schwachstelle im Zwerchfell, der schlitzförmige Durchtritt der Speiseröhre, Hiatus esophageus genannt, eine Hiatushernie. Es gibt zwei Arten: Gleitet der Magen teilweise unter Mitnahme einer Bauchfellduplikatur hoch in die Brusthöhle, handelt es sich um einen Ösophagusgleitbruch. Gelangt hingegen eine Dünndarmschlinge neben der Speiseröhre in den Thorax, ist es eine Paraösophagealhernie. Eine Sonderform ist der völlige Umschlag der Magens in den Brustkorb, also ganz über das Zwerchfell. Im englischen Sprachraum wird dies als upside down stomach bezeichnet.
Die Zwerchfellhernie selbst verursacht selten Schmerzen hinter dem Brustbein. Häufig aber sind Sodbrennen, nächtlich brennende Schmerzen in der Speiseröhre. Es wird von Refluxkrankheit oder dem Trend folgend von gastroesophageal reflux disease (GERD) gesprochen.
Zu grösseren Komplikationen führt eine Zwerchfellhernie beim Säugling, wenn sie bereits im Mutterleib entsteht. Häufig entsteht dieser Defekt während der Zwerchfellausbildung in der 8. - 10. Schwangerschaftswoche und tritt bei ca. 3-4 von 10000 Geburten auf. Über 90 % der angeborenen Zwerchfellhernien sind linksseitig, wobei hauptsächlich der Magen nach oben gleitet. Bei der selteneren rechtsseitigen Form ist häufig die Leber betroffen. Die in die Brusthöhle eingedrungenen Baucheingeweide können die Entwicklung der Lunge behindern. Der Defekt kann bereits während der Schwangerschaft mittels Ultraschall diagnostiziert werden. Zur weiteren und noch genaueren Abklärung besteht in manchen Zentren die Möglichkeit eine fetale Magnetresonanztomographie Untersuchung durchzuführen. In den meisten Fällen ist nach der Geburt eine Korrektur-Operation notwendig, in der die verlagerten Organe wieder zurückverlegt und die Zwerchfellhernie geschlossen wird. Die Überlebenschancen von Feten mit rechtsseitigen Hernien sind deutlich schlechter als von Feten mit linksseitigen Hernien. In ganz bestimmten Fällen (jene mit besonders schlechter Prognose) wird in darauf spezialisierten Zentren versucht, das Lungenwachstum des Feten mittels einer Operation während der Schwangerschaft zu beschleunigen. Auch die postnatale Therapie erfordert viel Erfahrung in einem geübten interdisziplinären Team aus Neonatologie und Kinderchirurgie. Bei drohendem Lungenversagen kann der Einsatz von ECMO (Extracorporale Membranoxygenierung) hilfreich sein um ein Überleben zu ermöglichen.
Bei der Treitz-Hernie sind Darmanteile im Recessus duodenalis superior, einer sehr engen Bauchfelltasche hinter dem sogenannten TreitzĀ“schen Band (Plica duodenalis superior), welches den Zwölffingerdarm fixiert und Darmgefässe enthält, eingeklemmt.
Die Leistenhernie oder auch Inguinalhernie (lat. Hernia inguinalis) ist die häufigste Form der Hernie (80 %). Sie tritt über dem Leistenband an einer anatomisch vorgegeben Stelle, dem äusseren Leistenring, in Erscheinung. Man unterscheidet die
Schenkelhernien kommen bei älteren Frauen häufiger vor. Sie machen 95 % der Hernien bei Frauen aus. Sie kommen nach einer Leistenhernien-Operation nach Shouldice oder Bassini natürlich auch bei Männern vor (2-3 %). Die Schenkelhernie tritt unterhalb des Leistenbandes durch die Lacuna vasorum, genauer med. von der V. femoralis durch die sog. Lacuna lymphatica, aus. Die Schenkelhernien sind schmerzhafter als die Leistenhernien und klemmen häufig ein. Schenkelhernien sind im Allgemeinen nicht reponibel. In ihnen ist oft nur das Omentum majus und nicht der Darm eingeklemmt. Aber auch mobile Eierstöcke kommen vor. Bei jeder unterhalb des Leistenbandes tastbaren Schwellung sollte eine Schenkelhernie ausgeschlossen werden.
Als Differenzialdiagnose kommen geschwollene Lymphknoten in Frage.
Bei einer Omphalocele (Nabelschnurbruch) ist durch eine Bauchwandfehlbildung die Nabelschnur sackartig aufgebläht, und Bauchorgane treten durch den Nabel hervor.
Nabelhernien (lat. Hernia umbilicalis et paraumbilicalis) treten häufig direkt nach der Geburt im Säuglingsalter auf. Ursache ist die noch nicht vollends ausgebildete Bauchwand im Bereich des Bauchnabels. Diese Säuglingsnabelbrüche haben in der Regel keine Einklemmungstendenz und bilden sich meist spontan zurück, daher werden sie nicht operativ sondern mit Bandagierung behandelt. In seltenen Fällen, wenn z. B. durch starkes Schreien des Säuglings die Hernie nicht sofort in die Bauchhöhle zurück gleiten will, kann der Arzt Beruhigungsmittel verabreichen und damit durch die Entspannung des Kindes ein Zurückgleiten des Bruches (Reposition) erreichen.
Beim Erwachsenen sind relativ häufig Nabelhernien zu beobachten. Oft haben die Betroffenen keine subjektiven Beschwerden und haben sich auch mit dem vorgewölbten Aussehen des Nabels arrangiert. Bei Nabelbrüchen mit kleiner Bruchpforte kann eine Einklemmung von Bauchorganen auftreten und erhebliche Beschwerden verursachen. Am häufigsten wird das grosse Netz vorgefunden. Besonders bei kleinen Hernien ist Inkarzeration gefürchtet.
Zur chirurgischen Versorgung von Nabelhernien existieren viele Techniken. Die Auswahl der richtigen OP-Technik ist von der Grösse der Hernie, der Aktivität des Patienten, dem allgemeinen Gesundheitszustand u. a. abhängig.
Eine Hernia obturatoria tritt durch das Foramen obturatum (Hüftbeinloch) aus, eine mit Bindegewebe verschlossene Durchtrittsstelle im Hüftbein und der Bruchinhalt kann die im Hüftlochkanal (Canalis obturatorius) verlaufenden Gefässe sowie den N. obturatorius quetschen, so dass Sensibilitätsstörungen am medialen Oberschenkel (R. cutaneus des N. obturatorius) resultieren können. Diese Form der Hernie ist aber sehr selten und wird, da äusserlich nicht sicht- und tastbar, oft erst durch den Darmverschluss infolge Einklemmung erkannt.
Bei der epigastrischen Hernie (lat. Hernia epigastrica; epi (griech.) = auf, über; gaster (griech.) = Magen) ertastet man in der Linea alba zwischen Xiphoid und Nabel in der Bauchwand eine schmerzhafte Fettgeschwulst, die durch das aus einer Faszienlücke hervortretende, durch fortwährende Reizung entzündete grosse Netz hindeutet.
Bei der Spieghel-Hernie (lat. Hernia spiegheli) handelt es sich um eine Hernie, die sich im Bereich des hinteren Blattes der Rektusscheide (Linea semilunaris) in die Bauchdecke hinein erstreckt. Auch sie ist selten und wird oft verkannt.
Bei der Narbenhernie (lat. Hernia cicatrica) bildet eine allschichtige Bauchwandnarbe durch ihre fehlenden Elastizität die Bruchpforte. Solche Narben sind nahezu ausschliesslich Folgen früherer Laparotomien (offenen Bauchoperationen). Aufgrund von Verwachsungen ist die Präparation anspruchsvoll und der Langzeiterfolg einer Operation keineswegs sicher. Dennoch ist eine Operation immer anzustreben, da eine Grössenzunahme der Hernie mit der Zeit die Chance einer Heilung immer weiter verschlechtert.
Fasziendopplungen nach Mayo oder eine Stoss-an-Stoss-Naht waren eine rezidivbehaftete Standardtherapie. Derzeit werden Kunststoffnetze zur Verstärkung eingesetzt, wobei häufig die Methoden nach der Lage des Netzes zu den tragenden Bauchwandschichten, zumeist englisch, benannt werden (Sublay-, Inlay-, Onlay-Plastik).
Als Rektusdiastase bezeichnet man das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskulatur (des Musculus rectus abdominis). Eine Operationsindikation besteht nur bei Beschwerden. Sie ist keine Hernie im klassischen Sinn.
Eine Hernie kann je nach Lokalisation durch eine Schwellung auffallen oder unbemerkt bleiben. Dabei können auch Schmerzen auftreten. Bei äusseren Hernien kann ein erhöhter intraabdomineller Druck, z. B. durch Husten oder Bauchpresse, die Hernie hervortreten lassen.
Einige Hernien sind durch entzündliche Verwachsungen irreponibel, d. h. nicht mehr reponibel und können intermittierend Schmerzen verursachen.
Besonders bei unbehandelten Hernien fürchtet man Komplikationen, die in der älteren deutschen chirurgischen Literatur auch als Bruchzufälle bezeichnet wurden.
Die Anstauung von Darminhalt in den ausgetretenen Darmschlingen bewirkt eine kotige Einklemmung mit Darmwandschädigung. Noch gefürchteter aber ist hierbei das Abklemmen der Blutversorgung der Darmschlingen, Inkarzeration genannt. Es ist naheliegend, dass diese Komplikationen besonders bei engen und keineswegs bei grossen Bruchpforten auftreten. Diese letzten beiden Komplikationen sind hoch schmerzhaft und bedürfen einer operativen Therapie innerhalb von sechs Stunden.
Eine weitere Komplikation ist die Mazeration der Haut über einem zumeist monströsen Bruchsack. Solche Wunden bewirken wegen der damit verbundenen Steigerung des Operationsinfektionsrisikos oft einen weiteren Aufschub der unvermeidbar notwendigen Operation.
Historisch ist die Behandlung der Leistenhernie mit einem Bruchband, Bruch-Gymnastik oder durch Einspritzen von Medikamenten. Aber da nur eine Operation einen bleibenden Erfolg sichert, ist sie heute die Regel. Im Akutfall kann mittels Taxis eine Reposition versucht werden, um Zeit für die operative Behandlung zu gewinnen. Für die chirurgische Versorgung stehen verschiedene Operationsverfahren zur Verfügung. Wegen der Gefahr einer lebensbedrohenden Inkarzeration (s.o.) besteht besonders bei kleinen Brüchen eine Indikation zur frühzeitigen Bruchoperation.
Der Bruchsack wird über einen Schnitt freigelegt und bis auf Ausnahmen eröffnet. Der Inhalt wird in die Bauchhöhle zurück verlagert, der Bruchsack bis zum Hals präpariert, gekürzt und verschlossen. Danach erfolgt der Verschluss der Bruchpforte durch:
Dieser Zugang durch die Bauchdecke (Laparoskopische Chirurgie) hat sich auch in der Hernienchirurgie zunehmend etabliert. Prinzip ist hier in der Regel auch die Plastik, d. h. die Einbringung eines (Kunststoff-)Netzes in die Bauchwand in methodisch verschieden tiefen Schichten. Eine generelle Überlegenheit gegenüber der konventionellen Technik konnte bis jetzt nicht bewiesen werden, weil die Langzeitergebnisse noch ausstehen. Aber die operationsbegleitenden Beschwerden (Schmerzen) sind erheblich geringer.
Die Ausheilung zu einer festen Narbe nimmt bis zu drei Monate in Anspruch. Zug- und Druckbelastungen, die z. B. beim Heben schwerer Gegenstände, heftigem Husten oder durch abrupte Bewegungen entstehen, sollten möglichst vermieden werden. Je nach Grösse des Bruches, sollten diese Belastungen bis zu zwei Jahren vermieden werden, um den Behandlungserfolg zu sichern. Eventuelles Übergewicht sollte möglichst abgebaut werden.
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